Vielleicht hatte Leonard Trilling unter anderen 'Out, out - ' vor Augen, als er Frost einen "erschreckenden Dichter" nannte. In der Tat bestürzt das Thema in einem Text, der in einem Gedichtband steht.
Es handelt sich auch nicht um ein Gedicht im engeren Sinne, sondern um ein traurig-dramatisches Geschehen, das erzählt wird in Form von Blankversen, also fünfhebigen Jamben ohne Reim. Wir kennen diese aus der Schullektüre der Dramen Schillers, Goethes und Shakespeares. Frost machte sie sich oft zunutze, um in kürzeren oder auch längeren Szenen die soziale Problematik Neuenglands und den Charakter der Neuengländer zu beleuchten. Bezogen auf ‚Out, out -‘ wäre das die Kinderarbeit und speziell der Mangel an Verantwortungsgefühl bei denen, die ein Kind an ein so gefährliches Werkzeug lassen. Anlass für dieses Gedicht war ein derartiges Unglück eines Sechzehnjährigen, das Frost zu Ohren kam.1 Aber, wie immer, denkt er darüber hinaus, worauf schon der Titel hinweist: Er ist in Anführungszeichen gesetzt und zitiert Shakespeare, Macbeth, 5. Akt, 5. Szene, in der Macbeth über den Tod seiner Frau nachdenkt: … Out, out, brief candle! / Life’s but a walking shadow, a poor player / that struts and frets his hour upon the stage, / And then is heard no more ...2 Die Hinfälligkeit alles Lebenden ist also das eine Thema hier.
Das andere ist, wie damit umgegangen werden kann. Aufschlussreich dazu ist der Schlusssatz, Und da sie nicht / der Tote sind, schaun sie nach ihren Dingen: Kaum ist das Bangen um das Leben des Jungen beendet, wenden sich die Umstehenden wieder den eigenen Pflichten und Interessen zu.
Ist das eine simple, aber in diesem Kontext sarkastisch klingende Aussage? Will der Autor sagen, das sei typisch für die Neuengländer? Oder für den Menschen im allgemeinen? Spricht daraus Gefühllosigkeit? Sind die Menschen durch das beschwerliche Leben so abgestumpft, dass sie keine Trauer mehr empfinden können? Können wir es ihnen dann verdenken? Oder folgen sie, ohne es zu wissen, dem Rat der Stoiker, Unabänderliches ohne Schmerz zu akzeptieren? Die lakonische Formulierung lässt alle Deutungen offen. Frost musste vier seiner sechs Kinder begraben3. Jay Parini schreibt dazu, er weise hier doch nur auf den Weg hin, den manche nähmen, um mit ihrer Trauer fertig zu werden.4
Der lockere Plauderton, in dem das Ganze erzählt wird, konterkariert die tragische Begebenheit, irritiert aber um so mehr. Bemerkenswert ist die Beschreibung des eigentlichen Unfalls: Vermutlich war der Junge durch das Kommen der Schwester und die Vorfreude auf das Essen einen kurzen Moment unaufmerksam. Das steht aber nicht da, sondern wir finden Metaphern vor, indem die Säge zu einem Raubtier wird, das, wie in einer Fabel, mit menschlichen Zügen ausgestattet ist. Mit diesen Kunstgriffen verwandelt Frost diesen Bericht trotz allem in Poesie.
1 Hart, S. 137
2 ... Aus! kleines Licht! - / Leben ist nur ein wandelnd Schattenbild; / Ein armer Komödiant, der spreizt und knirscht / Sein Stündchen auf der Bühn', und dann nicht mehr/ Vernommen wird ...".
3 Nicht eingerechnet drei Fehlgeburten Elinors sowie Tocher Irma, die er mit 44 Jahren in einer Heilanstalt unterbringen musste, wo sie den Rest ihres Lebens verbrachte. Ein einziges Kind, Lesley, führte ein normales Leben und erreichte das Alter.
4 Parini, S. 70