The Road Not Taken

The Road Not Taken

Two roads diverged in a yellow wood,
And sorry I could not travel both
And be one traveler, long I stood
And looked down one as far as I could
To where it bent in the undergrowth;

Then took the other, as just as fair,
And having perhaps the better claim,
Because it was grassy and wanted wear;
Though as for that the passing there
Had worn them really about the same,

And both that morning equally lay
In leaves no step had trodden black.
Oh, I kept the first for another day!
Yet knowing how way leads on to way,
I doubted if I should ever come back.

I shall be telling this with a sigh
Somewhere ages and ages hence:
Two roads diverged in a wood, and I—
I took the one less traveled by,
And that has made all the difference.

Der Weg, auf dem ich nicht war

Zwei Wege verzweigt im gelben Wald,
und leider konnt' ich nicht beide gehn
und einer sein. Macht' lange halt,
sah einem weit nach, doch bog er bald
dort ab, wo Unterholz zu sehn.

War dann auf dem andern, der ihm glich,
vielleicht gebührte das Recht ihm mehr.
Denn da wuchs Gras, und das wollte sich
betreten sehn. Doch sicherlich
war'n beide gleich, so ungefähr,

und lagen gleich, zur Morgenzeit,
in Laub, vom Schritt nicht schwarz zerdrückt.
O, wär mir der erste später bereit!
Doch weiß ich, Weg um Weg führt weit,
und zweifelte, ob die Rückkehr glückt.

Und irgendwo dann, nach Tag, nach Jahr,
kommt's Seufzen, und ich sing dies Lied:
Zwei Wege, verzweigt im Wald, ich war -
ich war auf einem, bereist mehr rar,
das machte den ganzen Unterschied.

(Nachdichtung Ingeborg Schimonski)


Der nicht begangene Weg

Zwei Wege trennten sich im gelben Wald,
Wollt‘ beide gehen und lang ich stand,
Bin einer nur, so macht‘ ich Halt,
Schaut‘ einem nach, bis der sich bald
Dem Blick entzog, ins Unterholz verschwand.

Nahm dann den andern, grad so schön,
Vielleicht mit höherem Anspruch noch,
War er doch grün, wollt‘ Schritte seh‘n;
Obwohl, was das betrifft, so hat das Geh‘n
Sie gleichermaßen ausgetreten doch.

Ein Weg wie der andre an dem Morgen lag
Im Laub, von keinem Schritt getreten nieder.
Ich hob den ersten auf für einen andern Tag!
Obwohl ich weiß, wie Weg zu Weg führ‘n mag,
Ich zweifelte, ob jemals ich käm‘ wieder.

Mit einem Seufzer sag ich irgendwann
Wenn Ewigkeiten sind vollbracht:
Zwei Wege trennten sich im Wald, ich sann –
Ich nahm den weniger begang’nen dann,
Und das hat den Unterschied gemacht.

(Nachdichtung Werner Friedl)

Der New Yorker Literaturkritiker David Orr, der 2015 ein Buch nur über dieses eine Gedicht geschrieben hat, zitiert darin Frosts Aussage, sein Ziel als Dichter sei es gewesen, "ein paar kleine Gedichte so zu platzieren, dass man sie nicht mehr so leicht los wird." Mit The Road Not Taken, so Orr, scheine Frost seine Zeilen in Granit gemeißelt zu haben. "Es ist buchstäblich das beliebteste Stück Literatur, das jemals von einem Amerikaner geschrieben wurde." "Und", so Orr weiter, "fast jeder versteht es falsch". Das sei das Erstaunlichste an diesem Gedicht: nicht seine unermessliche Beliebtheit, für sich genommen schon erstaunlich genug, sondern die Tatsache, dass es aus den scheinbar falschen Gründen so populär geworden ist.

Die Interpretationen, Übersetzungen, Kommentare, Essays, die seit Jahrzehnten über dieses Gedicht geschrieben wurden, sind unübsehbarer in ihrer Anzahl. Ingeborg hat allein über ein Dutzend Übertragungen ins Deutsche gesammelt, darunter auch eine von Paul Celan. (Zu einer Übertragung Celans zu einem anderen Gedicht von Robert Frost mehr in ihrem Artikel "Promises Not Kept")
(An dieser Stelle noch eine kleine private Notiz: The Road Not Taken hat vor Jahren Ingeborg und mich zusammengeführt, mit Hilfe der Seite "Turmsegler")


Lesen Sie hier Ingeborg Schimonskis Interpretation von The Road Not Taken